Wie Mitarbeiter zur Überarbeitung des Chefs führen
Wie wird ein Büroinhaber dadurch überarbeitet, dass er Mitarbeiter einstellt?
PHASE I: Der Chef arbeitet gut und erfolgreich, bekommt mehr und mehr Aufträge und braucht daher einen Mitarbeiter.
PHASE II: Der Chef stellt einen Mitarbeiter ein, bringt ihm aber nicht den Job bei, sondern lässt den Mitarbeiter einfach machen - schließlich hat der sein Diplom! Der Mitarbeiter erzeugt in gewissem Ausmaß Durcheinander, indem er Vorgänge falsch ablegt, viele Rückfragen hat usw.
PHASE III: Der Chef ist ein Tausendsassa und bekommt es trotz des entstehenden Durcheinanders hin, dass der Umsatz steigt. Der Gewinn ist auch ein wenig gestiegen, also beschließt er, einen weiteren Mitarbeiter einzustellen, der allerdings auch nicht hinreichend eingearbeitet wird.
Da nun bereits zwei Mitarbeiter keine klaren Vorgaben haben, weichen diese in ihrer Vorgehensweise auch noch voneinander ab. Während der eine die Unterlagen unter dem Namen des Bauherrn ablegt, legt der andere sie unter der Objektbezeichnung ab. Es entsteht mehr Durcheinander.
PHASE IV: An diesem Punkt empfindet der Chef das Ganze möglicherweise bereits ein wenig als Belastung, aber die Auftragslage nimmt noch zu und seine Mitarbeiter scheinen ständig beschäftigt zu sein, daher stimmt er zu, eine weitere Person einzustellen. Da er nun schon vier Mäuler stopfen muss, kann er sich auf keinen Fall um die Einarbeitung oder um klare Vorgaben kümmern.
Er rennt mehr oder weniger wie ein Hamster im Rad herum, um das Geschäft am Laufen zu halten. Die Umsätze steigen möglicherweise noch, aber der Gewinn stagniert oder geht eventuell aufgrund der gestiegenen Personalkosten an diesem Punkt bereits zurück.
PHASE V: Längst kommt der Chef mit seiner eigenen Arbeit nicht mehr hinterher. Stapel bilden sich, die Zeit reicht hinten und vorne nicht mehr. Eventuell empfindet er Druck. Es kehrt mehr Wochenendarbeit ein. Die Familie kommt zu kurz.
Der Kern des Problems: Mit jedem neuen Mitarbeiter (oder Mitarbeiterin) holt man sich ein gewisses Maß an Inkompetenz ins Haus, denn natürlich weiß die neue Person meist viele Dinge nicht. Und je nach Ausmaß der Erfahrung weiß sie sogar viele Dinge nicht, die man von jemandem mit drei, fünf oder zehn Jahren Berufserfahrung erwarten würde.
Die ganze Sache wird ziemlich klar, wenn Sie sich vorstellen, dass Ihr Büro nur aus Ihnen selbst und Klonen Ihrer selbst bestehen würde. Wie wäre das, wenn alle Ihre Mitarbeiter Klone von Ihnen wären — mit all Ihrem Wissen, all Ihren Erfahrungen? Jeder Auftrag, den Sie erteilen, wird genau so ausgeführt, wie Sie selbst ihn ausführen würden. Sie könnten sich voll darauf verlassen, dass sauber gearbeitet wird, denn Ihr Klon macht es natürlich genau so wie Sie!
Die Abweichung zwischen dieser Fantasie-Situation und Ihrer real existierenden Mannschaft beschreibt das Problem, vor dem Sie stehen und warum Sie möglicherweise überarbeitet, dabei aber unterbezahlt sind.
Wie kommt man aus diesem Teufelskreis heraus?
Durch jede Menge Ausbildungsarbeit. Wirklich viel.
In einem Büro in Berlin haben beispielsweise 10 Prozent der Wochenarbeitszeit als festes wöchentliches Ausbildungsbudget nach ein bis zwei Jahren zu einer messbaren Produktivitätssteigerung von 100 bis 150 Prozent bei den untersuchten Mitarbeiterinnen geführt. Die in diesem Zeitraum gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen erbrachten also am Ende der zweijährigen Testphase ungefähr die doppelte Leistung (und mehr) gegenüber der Phase vor Beginn dieses Ausbildungsprogramms.
Wenn wir einmal ganz willkürlich eine durchschnittliche Bleibensdauer von Mitarbeitern von nur fünf Jahren annehmen, dann haben wir ungefähr zwei Jahre lang 10 Prozent der Arbeitszeit für die Ausbildung investiert, um anschließend drei Jahre lang 100 Prozent mehr an Leistung zu erhalten: 300 Prozent mehr Leistung minus 20 Prozent Ausbildungszeit sind 280 Prozent Mehrertrag — eindeutig eine sehr lohnenswerte Investition!